Tag der Regional- und Heimatgeschichte 2015
Am 10. Oktober 2015 fand der Tag der Regional- und Heimatgeschichte zum Thema „Bevölkerung, Besiedlung, Migration“ im Stadtteilzentrum Marzahn-Mitte, Marzahner Promenade 38, statt. Es konnten 47 Teilnehmer/innen begrüßt werden, davon 24 Mitglieder. Unter den Gästen waren Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, die stellvertretende Bürgermeisterin Dagmar Pohle, die Abgeordneten des Berliner Abgeordnetenhauses Frau Hiller (DIE LINKE), Herr Herrmann (CDU), Herr Holzmann von Ball e.V., Herr Löser vom Städtepartnerschaftsverein e.V. und Frau Klaß von der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg.
Wolfgang Brauer, der Vorsitzende des Heimatvereins Marzahn-Hellersdorf, begrüßte die Anwesenden und moderierte auch die Veranstaltung. Die Bezirksstadträtin für Gesundheit und Soziales Dagmar Pohle verwies in ihrem Grußwort auf die große Aktualität des Themas: Zur Zeit gibt es im Bezirk vier Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge, Asylbewerber/innen und Obdachlose und seit etwa 3 Wochen drei Notunterkünfte für Geflüchtete. Da noch in weiteren Objekten Flüchtlinge und Asylsuchende untergebracht sind, ist ihre Zahl auf über 2500 angewachsen, weitere Objekte müssen im Bezirk bereitgestellt werden. Gegenwärtig gehe es nicht so sehr darum, eine Willkommenskultur zu organisieren, sondern die Hilfesuchenden unterzubringen und die ehrenamtlichen Hilfeangebote sinnvoll zu koordinieren.
Die nachfolgenden Beiträge spannten den Bogen über mehr als 10.000 Jahre, soweit reicht die Besiedlung auf dem Territorium unseres Bezirkes zurück. Uwe Michas vom Landesdenkmalamt gab in seinem Beitrag „Germanen, Slawen, Deutsche – Siedlung und Einwanderung im Wuhlegebiet im Spiegel archäologischer Ausgrabungen“ einen komprimierten Überblick über Besiedlung und Fundplätze über einen großen Zeitraum. Christa Hübner verdeutlichte in ihrem Beitrag „Vom Dorf zur Vorstadtsiedlung – Zuwanderung von der Jahrhundertwende bis 1933“ Umfang, Ursachen und Auswirkungen des enormen Bevölkerungswachstums in dieser Zeit und illustrierte an Einzelschicksalen, woher die Zugezogenen stammten. Dorothee Ifland sprach unter dem Titel „Geraubte Heimat. Zwangsmigration im Nationalsozialismus“ über Zwangsumsiedlungen von jüdischen Mitbürger/innen, Sinti und Roma und die Unterbringung von Zwangsarbeiter/innen. Jürgen Hofmann befasste sich mit dem Thema „Heimatverlust und Neuanfang 1945/46“ und machte deutlich, dass das Territorium unseres heutigen Bezirkes als bevorzugte Trasse für die Flüchtlingsströme aus dem Osten genutzt wurde und in mehreren Durchgangslagern ca. 500.000 Flüchtlinge zeitweilig versorgt werden mussten. Manfred Teresiak schilderte in seinem Beitrag „Zu Hause in den Großsiedlungen Marzahn-Hellersdorf 1977 bis 1989“, welche Aufgaben sich daraus ergaben, die ca. 250.000 Menschen unterzubringen und zu versorgen, die bis 1989 in Marzahn und Hellersdorf Wohnungen bezogen haben, und wie diese die völlig neugebauten Großsiedlungen für sich zu gestalten versuchten. Die frühere Migrantenbeauftragte des Bezirks Elena Marburg vermittelte einen sehr intensiven Einblick in das Leben von „Vietnamesen in Marzahn-Hellersdorf seit den 1980er-Jahren“, zunächst ihr fast „unsichtbares“ Leben als DDR-Vertragsarbeiter/innen und dann ihr schwieriger Weg im vereinigten Deutschland. Alexander Reiser berichtete über „Spätaussiedler in Marzahn-Hellersdorf“ auch aus persönlicher Sicht. Abschließend behandelte Renate Schilling das Thema „Mitbürger auf Zeit? Geflüchtete und Asylbewerber nach 1990“.
Wolfgang Brauer betonte in seinen Schlussbemerkungen, dass die Beiträge in bemerkenswerter Weise das Tagungsthema umgesetzt haben. Er bedankte sich bei den Referenten/innen und bei allen Gästen sowie für die Gastfreundschaft bei Frau Schilling, der Leiterin des Stadtteilzentrums. Ein besonderes Dankeschön gilt auch Rainer Rau und Vereinsmitglied Hilka Ehlert für die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Tagung.
Text: Renate Schilling, Bilder: Andreas Rinner