Am Montag, den 3. September 2018 gegen 14.30 Uhr fand vor dem Haus Hönower Straße 213 in Mahlsdorf die Verlegung eines Stolpersteines für Alexander Scheucher statt.

Alexander Scheucher wohnte mit seiner Frau Agnes und seinem Sohn Ludwig mindestens seit 1926 in Mahlsdorf in der Hönower Straße 60, die ab 1938 zur Nummer 213 wurde. Er betrieb als Kaufmann mit seiner Frau bis 1933 eine Wäsche- und Trikotagen-Handel (Woll- und Kurzwaren) in der Blumenstraße 1 in Friedrichshain. Ab 1933 musste das Geschäft an den Wohnort verlegt werden und wurde dort bis zum Zwangsverkauf des Hauses 1940 geführt.

 Nach dem Hausverkauf zog die Familie zur Mutter von Agnes Scheucher in die Marienburger Straße 7 im Prenzlauer Berg. Am 11. Januar 1942 wurden sie von dort zur Synagoge in die Levetzowstraße gebracht und von da aus zwei Tage später über den Bahnhof Grunewald in das Rigaer Ghetto deportiert, wo sie am 16. Januar ankamen.

 Am 2. November 1943 wurde Alexander Scheucher mit der Auflösung des Ghettos Riga nach Auschwitz überstellt, kam dort am 5. November an und wurde noch am selben Tag ermordet. Seine Frau und sein Sohn haben den Holocaust überlebt und sind in die USA übergesiedelt, dort aber inzwischen verstorben.

Unter Teilnahme, der Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle und Anwohnern, erinnerte der Initiator, Herr Henrik Arnold an Alexander Scheucher.

Rabbiner Dr. Walter L. Rothschild sprach ein Gebet.

Text: Rainer Rau, Foto: Karin Dalhus

Informationstafel zur Familie Guthmann wird eingeweiht

Am 27. August um 17:00 Uhr fand am Eingang Lemkestraße des städtischen Friedhofs in Marzahn-Nord die feierliche Einweihung einer Informationstafel für die jüdische Familie Guthmann statt. Die Familie, an die seit 2008 der unweit entfernte Guthmann-Platz erinnert, wohnte bis 1943 auf dem Areal des heutigen Friedhofes, wo sie auf dem damaligen Grundstück Lemkestraße 156 ein Wohnhaus erbaut hatte. Mitte der 1930er-Jahre zogen die Eltern Charlotte und Otto Guthmann mit ihren vier Kindern Berthold, Leopold, Hans und Eva in das Haus ein. 1937 wurde die jüngste Tochter Maria hier geboren. Nachdem die antisemitischen Repressalien der Nazis immer stärker wurden, bemühte sich die Familie vergeblich um eine Emigration nach Südamerika. Der älteste Sohn Berthold, der in einer Widerstandsgruppe aktiv war, wurde am 5. September 1942 nach Riga deportiert. Von dort verschleppte man ihn verschiedene Konzentrationslager. Nur wenige Wochen vor der Befreiung verstarb er am 3. März 1945 im KZ Rehmsdorf, einem Außenlager des KZ Buchenwald. Sein Vater und seine beiden Brüder mussten Zwangsarbeit bei verschiedenen Berliner Betrieben leisten und wurden am 27. Februar 1943 bei der sogenannten „Fabrikaktion“, einer Großrazzia gegen Juden, verhaftet. Alle drei, die Mutter Charlotte und die beiden Töchter wurde nach Auschwitz deportiert, nur Leopold überlebte die Vernichtungsaktionen der Nazis. Auf einem Todesmarsch befreiten ihn am 13. April 1945 Soldaten der US-Armee. Er verstarb 2009 im Alter von 83 Jahren in Belgien.

Das Haus in der Lemkestraße wurde im Zweiten Weltkrieg bei einem Luftangriff zerstört, nachdem es Nachbarn und unbekannte Personen bereits 1943 nach der Verhaftung der Guthmanns geplündert hatten. 1967 wurde das verwilderte Grundstück auf Antrag des Stadtbezirks Lichtenberg zur Erweiterung des Friedhofs gegen Entschädigung teilweise enteignet. Die erste Bestattung in diesem Bereich fand 1968 statt. Eine Rückübertragung der Eigentumsrechte an die Grundstückserben lehnte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen 1995 ab.

Am 28. März 2013 wurden für die sieben Mitglieder der Familie Guthmann Stolpersteine vor dem Friedhofseingang verlegt. Schon bald zeichnete sich ab, dass es nötig sein würde, eine Information anzubringen, die erläutert, warum die Familie auf dem Geländes eines Friedhofes gewohnt hatte. Mit der Einweihung der Informationstafel wird nun am authentischen Ort an das Schicksal der Familie Guthmann und ihres Hauses erinnert.

An der von Bezirksstadträtin Juliane Witt moderierten und von Schülern der Musikschule Marzahn-Hellersdorf musikalisch umrahmten Gedenkveranstaltung nahmen auch die drei Töchter des einzigen Überlebenden der Familie, Leopold Guthmann, und sein Enkel teil. Die Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf Dagmar Pohle erinnerte in ihrer Rede an das Schicksal der Guthmanns und ihres Hauses in Mahlsdorf und betonte, dass sich der Bezirk seit Längerem in der Verantwortung sieht, die Erinnerung an die Familie wachzuhalten. Die älteste Tochter Leopold Guthmanns zeichnete den Lebensweg ihres Vaters nach, der in Israel ihre Mutter kennen gelernt hatte, die einer jüdischen Familie aus der Ukraine entstammte. Auch von ihren Angehörigen fielen viele den Nazis zum Opfer. Die Tochter dankte allen, die am Zustandekommen der Informationstafel beteiligt waren. Nach deren Enthüllung sprachen die drei Töchter und der Enkel Leopold Guthmanns das Kaddisch, das jüdische Totengebet, für ihre ermordeten und verstorbenen Familienangehörigen.

 Text: Dr. Christa Hübner, Foto: Rainer Rau